Arbeitsgrundlagen

Jede Person ist ein einzigartiges, vollkommenes menschliches Wesen. Meine therapeutische Arbeit ist getragen vom Vertrauen, dass jede Person das Potenzial zu Heilung und Entwicklung in sich hat. Sie braucht dazu allerdings die richtigen Wachstumsbedingungen. Wie eine Pflanze nur unter dem richtigen Verhältnis von Licht, Wärme, Wasser und der passenden Erde mit allen Nährstoffen wachsen und Früchte tragen kann, braucht ein menschliches Wesen von Anfang seines Lebens an die richtigen Bedingungen, um gesund heranzuwachsen.

Der Mensch ist zutiefst ein soziales Wesen, das nur in liebevollen zwischenmenschlichen Beziehungen gesund aufwachsen kann. Um zu einer beziehungsfähigen, lebenstüchtigen, reifen und kraftvollen Persönlichkeit zu werden, sind wir von Beginn des Lebens an auf auf Liebe, anders gesagt auf bedingungslose Zuwendung und positive Beachtung von unseren Bezugspersonen angewiesen.

Das ist ein menschliches Grundbedürfnis. Durch defizitäre Erfahrungen und Traumata in der Entwicklung, durch wiederholte, prägende oder sehr einschneidende Erlebnisse, in denen man von den wichtigen Bezugspersonen nicht akzeptiert und positiv beachtet sondern abgelehnt, bestraft, kritisiert oder sich selbst überlassen wurde, entstehen psychische Probleme oder Schwierigkeiten in zwischenmenschlichen Beziehungen. Wurde uns diese Zuwendung vorenthalten oder nur unter bestimmten Bedingungen (z.B. „wenn du brav bist“ oder „wenn du meine Erwartungen erfüllst“ „wenn du mich nicht enttäuschst“ usw….) gegeben, entsteht in uns ein innerer Konflikt. Denn Bedürfnisse, die von den Bezugspersonen entweder nicht verstanden und beantwortet oder für die wir sogar abgelehnt wurden, können wir nicht in unser Selbstbild aufnehmen – was soviel bedeutet, dass wir sie als nicht zu uns gehörend erleben. Oder wir fühlen uns von bestimmten Bedürfnissen bedroht und müssen Sie verdrängen.  Das hemmt unsere weitere Entwicklung – ein Teil von uns bleibt mit diesen unverstandenen Gefühlen sozusagen auf der damaligen Entwicklungsstufe stehen und wir „vergessen“ die gesamte schmerzvolle Erfahrung.

Jene unverstandenen oder abgelehnten Gefühle nehmen wir dann entweder gar nicht mehr oder nur noch verzerrt wahr. Das ist zwar ein Schutz, um den Schmerz des Unverstandenseins nicht permanent spüren zu müssen, hat aber den Preis, dass der Kontakt zum eigenen Erleben an dieser Stelle eingeschränkt wird, dass bestimmte wichtige Gefühle und Bedürfnisse unserem Bewusstsein gar nicht mehr zugänglich sind.

Unser Organismus merkt sich aber diese Bedürfnisse, denn sie sind für unsere Weiterentwicklung wichtig. Er sorgt auf seine Weise dafür, dass sie nicht völlig vergessen werden, sondern sich im späteren Leben aktualisieren. Das bedeutet, sie werden später – oft durch bestimmte auslösende Ereignisse quasi „wiederbelebt„. Diese spätere Aktualisierung erleben wir aber meistens problematisch und schmerzhaft. Wir fühlen uns als Opfer bestimmter Umstände oder des Verhaltens einer anderen Person. Oder es wiederholen sich schmerzvolle Situationen und Beziehungsmuster, aus denen wir nicht herauskommen. Viele Menschen werden körperlich krank oder entwickeln ein Suchtverhalten und verstehen sich dabei selbst nicht – gerade weil sie früher schon in eben diesem Erleben nicht angenommen und verstanden wurden.

Ein Beispiel dazu: wenn Eltern die Wut ihres Kindes nicht verstehen und es mit seinem Ausdruck von Wut nicht bedingungslos positiv annehmen, sondern es dafür auf irgendeine Weise bestrafen (durch Einschüchterung, Nichtbeachten, Schläge, Liebesentzug..), wenn die Eltern also nicht verstanden haben, dass ihr Kind deswegen brüllt oder tobt, weil es in einem wichtigen Bedürfnis nicht beantwortet wurde, oder weil seine Grenzen verletzt wurden, hat dieses Kind später wahrscheinlich Schwierigkeiten damit, seine Wut zu spüren und erlebt sich als jemand, der niemals wütend ist. Dafür bekommt diese Person vielleicht häufig in Situationen, in denen sie eigentlich wütend ist, das aber nicht direkt wahrnimmt, Magenschmerzen oder Kopfweh. Ausserdem wird sie sich schwerer als andere von den Wünschen und Ansprüchen ihrer Mitmenschen abgrenzen können, da sie die eigenen Grenzen und deren Überschreitung nicht deutlich genug bemerkt. Sie spürt zwar vielleicht, dass etwas nicht ganz stimmt, hat aber nicht gelernt, dieses Gefühl als wichtigen Hinweis darauf zu deuten, dass Ihre Grenze überschritten wurde. Oder dass sie in einem wichtigen Bedürfnis nicht gehört wurde.

Oder aber, die Wut kommt später in Situationen so unkontrollierbar wie die Wut eines Kleinkindes hoch, wobei sie dem jeweiligen Anlass in ihrer Heftigkeit nicht entspricht und die Person wiederum sich nicht in ihren Reaktionen verstehen kann.

Die Erfahrung, bedingungslos angenommen und verstanden zu werden, kann später nachgeholt werden, zum Beispiel in einer Psychotherapie. In der therapeutischen Beziehung werden die bisher bedrohlichen oder befremdenden Erfahrungen einfühlend in Ihrem lebensgeschichtlichen Zusammenhang gesehen und liebevoll akzeptiert. Somit können wir sie in unser Selbst integrieren. Dadurch werden wir fähig, uns selbst in diesen Gefühlen zu verstehen und anzunehmen und können in Zukunft freier auf Situationen reagieren – das eigene, echte Erleben ist uns zugänglich geworden. Die inneren Konflikte zwischen unserem wirklichen, organismischen Erleben und unserem Selbstbild lösen sich auf. Wir erleben uns mehr und mehr mit uns selbst und unserem eigenen Erleben im Einklang.

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Die Kraft, Berge versetzen zu können, liegt in uns selbst.
Coue